ACHTSAMKEIT
Achtsamkeit bedeutet, im Hier und Jetzt mit unseren Erfahrungen in unmittelbaren Kontakt zu sein. Indem wir von Augenblick zu Augenblick bewusst wahrnehmen, was in uns und um uns geschieht, ohne es zu werten, erkennen wir die Dinge klarer und gewinnen einen inneren Handlungsspielraum. In diesem Raum wird es möglich, automatische Verhaltensmuster aufzubrechen und situationsgerecht und verantwortungsvoll mit den Anforderungen des Alltags umzugehen.
Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit. - Viktor Frankl, Neurologe
Achtsamkeit kann gleichzeitig als eine Form der Aufmerksamkeit gesehen werden und als eine Lebenshaltung, die von Freundlichkeit und Offenheit geprägt ist. Sie lehrt uns, dass alle Erfahrungen vergänglich sind, seien sie angenehm, neutral oder unangenehm. Das Kultivieren der Achtsamkeit erlaubt uns, mit unserer Lebendigkeit verbunden zu sein und befähigt uns, auch in stressigen Zeiten oder in schwierigen Lebensumständen, innere Ruhe, Akzeptanz und Gelassenheit zu finden.
Man kann die Wellen nicht anhalten, aber man kann lernen, sie zu surfen. - Jon Kabat-Zinn, Urheber des MBSR-Programms
MBSR
MBSR ist das Kürzel für „Mindfulness Based Stress Reduction“, was am besten übersetzt wird mit „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“. Es handelt sich um ein psychoedukatives Programm, das 1979 vom Arzt und Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn an der Universitätsklinik von Massachusetts (USA) entwickelt wurde. Kabat-Zinn erkannte das Potenzial von Achtsamkeits-Praxis, Yoga und anderen fernöstlichen Methoden für die Gesundheit seiner Patienten und ergänzte es mit Erkenntnissen der Stress- und Hirnforschung. Daraus entstand das auf westliche Bedürfnisse zugeschnittene MBSR-Programm. Es wird heute weltweit an vielen Kliniken, sozialen sowie pädagogischen Institutionen mit grossem Erfolg angeboten.
Selbstwahrnehmung und Umgang mit Stress
Der achtwöchige Kurs ist als alltagsbezogenes, angeleitetes Training konzipiert. Im Zentrum steht die Schulung der eigenen Achtsamkeit und der nicht-urteilenden Wahrnehmung von Gedanken, Empfindungen und Gefühlen. Formale Übungen wie Body-Scan, verschiedene Arten von Meditation, einfache Yogaübungen sowie Übungen für den Alltag bilden das Gerüst des Kurses. Die intensive Achtsamkeitspraxis im MBSR hat zum Ziel, einen bewussten und zielführenden Umgang mit Stress zu fördern. Der Begriff „Stress“ meint im MBSR-Kontext notabene weit mehr, als Hektik oder Druck am Arbeitsplatz. Er umfasst unter anderem auch Angstzustände, Schlaflosigkeit, Schmerzen, Krankheiten und schwierige zwischenmenschliche Beziehungen, auf die wir oft habituell mit Ärger, Frustration oder Sorge reagieren.
Mit einer Haltung der Achtsamkeit wird es möglich, den unvermeidbaren Herausforderungen des Lebens auf eine Art zu begegnen, die die Lebensqualität nicht beeinträchtigt: Mit Gelassenheit, Offenheit und Vertrauen.
Wissenschaftlich abgestützt
MBSR nützt die starken Kräfte der Selbstheilung und ist fern jeder Esoterik. Hunderte von wissenschaftlichen Studien belegen die positive Wirkung des MBSR-Programms auf Psyche und Körper. So beruhigt regelmässige Achtsamkeitspraxis erwiesenermassen den Geist und verändert viele Hirnregionen, wie z.B. die Amygdala, das „Angstzentrum“ des Gehirns. Sie reduziert zudem die Ausschüttung von Stress-Hormonen wie Kortisol, welches im Übermass die Immunabwehr schwächt und Entzündungen begünstigt. Auch das Rückfallrisiko nach Depressionen wird durch MBSR deutlich reduziert.